Geschichte
Böhmen - Sudetenland
Die knapp 28.000 Quadratkilometer umfassenden Randgebiete von Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien, jenem kleinen Teil Schlesiens, der 1763 nach dem Siebenjährigen Krieg zwischen Österreich und Preußen bei Österreich blieb, waren die Heimat der Sudetendeutschen.
Der Name "Sudetendeutsche" leitet sich von dem rund 330 Kilometer langen Gebirgszug der Sudeten ab, der sich im Norden Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens hinzieht. Die Bezeichnung "Sudetendeutsche" wurde vereinzelt schon im 19. Jahrhundert benutzt und setzte sich seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts, vor allem ab 1919, als Sammelbegriff für die über drei Millionen Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien (böhmische Länder) durch. Der Zusammenhalt der Sudetendeutschen ist vom gemeinsamen Schicksal geprägt.
Im ersten Jahrhundert nach Christus wird Boiohaemum, lat. Boihaemanum, bereits von römischen Schriftstellern und Geschichtsschreibern erwähnt. Die Bezeichnung bedeutet: Heimat der Bojer. Die germanische Stämme verdrängten die Bojer in das heutige Bayern, so dass Slawen in das Gebiet nachrückten. Diese wurden von den germanischen Stämmen beherrscht.
Bevor also die Tschechen in der Mitte des 6. Jahrhunderts in das Innere Böhmens und Mährens gelangten, war dieses Land schon über 500 Jahre lang von germanischen Stämmen (Avaren, Markomannen und Quaden) bewohnt. Der römische Schriftsteller Tacitus berichtet in seiner "Germania" darüber, wie diese ihrerseits die Vorbevölkerung, die Bojer, verdrängt hatten.
Karl der Große (768 - 814) besiegte die Avaren. Das böhmische Land wurde damit dem Frankenreich tributpflichtig.
Die Fuldaer Annalen berichten, dass sich im Jahr 845 in Regensburg 14 böhmische Stammeshäuptlinge taufen ließen. Damit wird der Anschluss an das damalige westliche Religions- und Zivilisationsgebiet erreicht. Die Verbindungen des böhmisch-mährischen Raumes an die westlichen Nachbarn reißen in der folgenden Zeit nicht mehr ab.
Der tschechische Herzog Wenzel nutzte seine persönlichen Beziehungen im 10. Jahrhundert, um die staatlichen Bindungen an den Westen und den deutschen Einflussbereich noch zu verbessern. Im Jahr 1198 erhielten die böhmischen Herzöge die erbliche Königswürde (Premysl Ottokar I.) und 1290 die deutsche Kurwürde aus den Händen des deutschen Kaisers.
Der Freibrief des Herzogs Sobieslaus II. (1173 - 1178) bestätigte besondere Rechte für Deutsche in Böhmen.
Unter Verleihung von Vorrechten riefen dann böhmische Herzöge und Könige im 12. und 13. Jahrhundert Deutsche als Bauern, Bergleute, Handwerker, Kaufleute und Künstler ins Land, um vor allem die bis dahin nur sehr dünn besiedelten Randgebiete urbar zu machen und intensiver zu besiedeln.
Die böhmischen Länder, die Heimat der Sudetendeutschen, war seit dem 10. Jahrhundert mit einem großem Maß an Eigenständigkeit ein Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches. Kaiser wie Karl IV. und Rudolf II. hatten ihren Sitz in Prag, der Hauptstadt Böhmens. In ihr gründete Karl IV. 1348 die erste Universität im Gebiet des deutschen Reiches. Im 14. Jahrhundert erlebte das Land seine Blütezeit. Rund 800 Jahre lang lebten Deutsche und Tschechen fast immer friedlich neben- und miteinander. Soweit es Spannungen gab, hatten diese eher religiöse und soziale als nationale Ursachen. Aufkommende Konflikte wurden, außer in den späteren Hussitenkriegen (1419/20 - 1436), ohne Gewalt ausgetragen.
Im Jahr 1526 kamen die böhmischen Länder und damit auch die Heimatgebiete der Sudetendeutschen unter die Herrschaft der Habsburger. Sie wurden damit ein Teil Österreichs.
Der Aufstand des böhmischen Adels mit dem Prager Fenstersturz im Jahr 1618 stehen am Beginn des 30-jährigen Krieges.
Ein wichtiges Ereignis ist die Schlacht auf dem Weißen Berg bei Prag im Jahr 1620 als die katholischen Habsburger einen Aufstand böhmischer Protestanten (darunter gleichermaßen Tschechen und Deutsche) niederschlugen und die künftigen Entwicklungen nach ihren Grundsätzen der Habsburger ausrichteten. Zum Beispiel das Zurückdrängen der tschechischen Sprache und Wiederherstellen der Gleichberechtigung der Deutschen.
Die Zeit der Hussiten im 14./15. Jahrhundert und der Reformation im 15./16. Jahrhundert waren schwere Zeiten für das Land. Die Hussiten forderten freiere Religionsausübung entsprechend ihrer Forderungen. Die Verweigerung dieser Forderungen führte dann zu den Hussitenkriegen. Im 16. Jahrhundert schloss sich der Mehrzahl der Hussiten der Reformation an.
1756 - 1763: Kriegsleiden im 7-jährigem Krieg. Die Kriegssteuern, Plünderungen und Geiselnamen sorgen für Angst und Schrecken. In dieser Zeit gab es in ganz Mitteleuropa Auseinandersetzungen, insbesondere zwischen den damaligen europäischen Großmächten Preußen und Österreich in Sachsen und Böhmen. Kaiserin Maria Theresia war bestrebt, Schlesien wieder zurück zu gewinnen. Friedrich der Große von Preußen kam einem möglichen Angriff zuvor.
Nach jahrelangen Unruhen wird 1782 endlich die Leibeigenschaft aufgehoben. Die Feudalherrschaft ist verschwunden. Die Bauern sind ein freier Stand mit uneingeschränktem Besitz.
Seit 1780 aufgekommene nationale Gegensätze zwischen Deutschen und Tschechen vertiefen sich durch die nationaltschechische Bewegung 1848 und führen ab 1900 zu verstärkten Auseinandersetzungen.
Böhmen und Mähren gehörten zusammen mit ganz Österreich bis 1806 dem römisch-deutschen Reich und von 1815 bis 1866 dem Deutschen Bund an.
1848 wählten und entsandten auch die Sudetendeutschen Abgeordnete in die erste deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Auch tschechische Abgeordnete aus Mähren waren dort vertreten, nicht aber tschechische Abgeordnete aus Böhmen. Die nationalen Leidenschaften waren seit Anfang des 19. Jahrhunderts wieder entflammt, als die von der französischen Revolution ausgehende Welle des Nationalismus auch die böhmischen Länder erfasst hatte. Aber auch diese Auseinandersetzungen blieben bis zum Jahre 1918 gewaltlos.
Um die Vorherrschaft in Deutschland führen Österreich und Preußen im Jahr 1866 Krieg. Österreich und damit auch die Sudetenländer scheiden aus dem deutschen Bund aus.
Die Zeit im Königreich Böhmen und als Kronland der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn bis 1918 verlief für die fleißigen Bewohner im wesentlichen vorteilhaft. Der Flachsanbau und die damit zusammenhängende Industrialisierung sorgten für den Fortschritt. Es war die Zeit, die später trotz mancher Mängel, als die gute alte Zeit angesehen worden ist.
Bis 1918 gehörten die Sudetendeutschen dem österreichisch-ungarischen Habsburgerreich an. Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte 1918 die Zerschlagung des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaates. Die rund 6,7 Millionen Tschechen forderten einen eigenen Staat, dem auch die industriereichen Siedlungsgebiete der Sudetendeutschen angehören sollten. Die Forderung war Ausfluss der verstärkten nationalen Gesinnung der Tschechen.
Nach der Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik (CSR) am 28. Oktober 1918 forderten die Sudetendeutschen unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker den Verbleib ihrer nahezu ausschließlich von Deutschen bewohnten Heimatgebiete bei dem zur Republik Deutsch-Österreich verkleinerten österreichischen Staat, der seinerseits seinen Willen zum Zusammenschluss mit dem Deutschen Reich bekundete. Eine in Reichenberg im November 1918 gegründete deutsch-böhmische Landesregierung erklärte den Anschluss an die Republik Österreich.
Im Vertrauen auf das von den Siegermächten, insbesondere von US-Präsident Wilson das in seiner Rede am 11.2.1919 in 14 Punkten proklamierte Selbstbestimmungsrecht leisteten die Sudetendeutschen nur geringen Widerstand gegen die Besetzung ihres Landes durch tschechisches Militär (31.10.1918 - 28.1.1919).
Diese Bemühungen der Deutschen wurden schließlich - auch mit Billigung des westlichen Auslandes - auf der Friedenskonferenz in Versailles und St. Germain am 28.6.1919 unterbunden. Das Selbstbestimmungsrecht galt für die Deutschen nicht. Für die Gründung der Tschechoslowakei berufen sich die Tschechen auf dieses Recht.
Gegen friedliche Demonstrationen am 4.3.1919 für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen ging das tschechische Militär mit Waffengewalt vor. Die 54 Toten und 84 Schwerverletzten dieser Tage mahnen noch heute.
Gegen ihren Willen wurden die Sudetendeutschen in die neu gegründete Tschechoslowakei eingegliedert. Die Deutschen müssen nun in ihrer angestammten Heimat unter der Herrschaft des neuen tschechoslowakischen Staates leben. Im kulturellen, wirtschaftlichen und öffentlichen Bereich und sowie bei den Arbeitsplätze wurden den Deutschen in den folgenden Jahren immer größere Einschränkungen und Behinderungen aufgezwungen.
Wegen der Unterdrückung durch die Tschechen wie der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechtes sowie der Autonomie für die Deutschen und der daraus in erheblichem Maß resultierenden allgemeinen schlechten Wirtschaftslage erhoffte sich das Sudetenland mit dem Anschluss an das Deutsche Reich im Oktober 1938 aufgrund des Münchner Abkommens vom 29.9.1938 die Freiheit, die ihm bisher nicht gewährt worden war, obwohl man überall von diesem Recht sprach. Die Gerichtsbezirke Braunau und Wekelsdorf wurden als Kreis Braunau in den Sudetengau und ins Großdeutsche Reich eingegliedert.
Nach dem Zusammenbruch des Reiches kommt es zur völligen Entrechtung und Verarmung der Sudetendeutschen im wiedererstellten tschechoslowakischen Staat. Schließlich folgt 1945 die gewaltsame Vertreibung von cirka 2,5 Millionen Sudetendeutschen aus der angestammten Heimat. Etwa 200.000 wurden zurückbehalten. Der Grund dafür waren wirtschaftliche Interessen der Tschechoslowakei.
Braunauer Land
Das Braunauer Land bat in der Frühgeschichte kaum eine Rolle gespielt. Das Territorium war für eine Siedlung nicht günstig, es lag versteckt und abseits der Völker- und Heerstraßen und war dazu von Natur aus mit einem dichten Wald bedeckt. Die frühgeschichtlichen Funde sind sehr spärlich
Das ganze Braunauer, Wekelsdorfer und Politzer Gebiet war völlig mit Wald überdeckt, einem Teil des großen Grenz- und Markwaldes im Nordosten Böhmens. Nach den ältesten, zum Teil auch tschechischen Namen der Berge, Gewässer und Fluren, in deren Wortstämmen die Namen der Laubbäume Ahorn, Birke, Weide, Erle, Buche vorkommen, waren es Laubwälder. Dem Klima und der Höhenlage nach müsste es Mischwald gewesen sein, der in den unteren Lagen vorwiegend mit Laubbäumen besetzt war.
Es sieht so aus, als wäre das Braunauer Land für die Siedler des 13. Jahrhunderts jungfräulicher Boden gewesen (nach dem tschechischen Historiker J.V. Šimak, Pocaty Bromova, Prag 1936).
Weitgehend ist die Geschichte Braunaus und des Braunauer Ländchens vom Mittelalter bis tief in die Neuzeit, genau genommen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, mit der Geschichte der Benediktinerabtei Brevnov-Braunau verbunden.
Für den Wekelsdorfer Gerichtsbezirk liegen die Dinge anders. Hier hat die geschichtliche und kulturelle Entwicklung einen völlig anderen Verlauf genommen. Er zeigt zwar manche Ähnlichkeiten, hat aber mit den Braunauer Geschehnissen fast keinen Zusammenhang. Erst als 1848 die Patrionatsherrschaft verschwindet und der Staat die Verwaltung völlig in seine Hand nimmt, werden diese beiden Gebiete zu einer politischen Einheit zusammengefasst. Von da ab ist die Gemeinsamkeit und Einheit nicht mehr zu übersehen.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass von den früheren Siedlungen Náchod und Glatz aus, die die wichtige Passstraße von Nachod nach Polen, die "Königsstraße", zu schützen hatten, auch Grenzer, Jäger, Fischer, Zeidler diese Wälder durchstreift haben. Zur Orientierung mögen sie den Bergen und Gewässern Namen gegeben haben. So sind die in den ersten Quellen auftauchenden Namen wie Javori-montes, die Bäche Bošanov, Breznice, Krinice, Zaihorov, Slatinny im Braunauer Bezirk zu erklären. Dass in diesen verlorenen Gebieten von Politz und Braunau, die so abseits vom Verkehr waren, schon vor dem 13. Jahrhundert Siedlungen befunden hätten, ist nicht sehr wahrscheinlich. Jedenfalls wird in der Gründungsurkunde die Umgebung (circuitus) von Politz als ein unbesiedeltes und ödes (vasta) Land genannt.
Zur Sicherheit ließ Abt Martin sich von dem jungen König Premysl Ottokar II. 1260 das ganze Besitzgut bestätigen und begnügte sich damit, dass in der Urkunde nur ganz allgemein von den Gütern jenseits der Berge, die allgemein die "Wände" genannt werden. Die Rede ist von Braunau, ohne dass Braunau oder sonst eine schon bestehende Siedlung darin genannt wurde. Diese Urkunde ist echt. Um diese Zeit existierte schon Braunau, das bereits 1256 ein Marktflecken genannt wird. Im Jahr 1258 hatte der Bischof Johannes von Prag dem Brevnover Abt die Pfarrei von Braunau übergeben.
Ab 1253 erfolgt die Besiedlung des Braunauer Ländchens. Es sind vor allem Franken, Bayern, Sachsen und Thüringer, die sich auf dem Umweg über Schlesien hier niederlassen und damit das Braunauer Land nahe eine reine deutsche Besiedlung erhält.
Die Zeit der Hussiten im 14. / 15. Jahrhundert und der Reformation im 15. / 16. Jahrhundert waren schwere Zeiten für das Braunauer Land. Im Jahr 1420 war der Ausbruch der Hussitenkriege mit der Belagerung der Stadt und Plünderungen im Ländchen.
Im 16. Jahrhundert war die Neugründung mehrerer Dörfer durch die Braunau - Politzer und Wekelsdorfer Herrschaften. Es verbreitet sich ein gewisser Wohlstand durch die Tuchmacherei. Braunau wird in dieser Zeit für ein halbes Jahrhundert lutherisch.
Im 30-jährigen Krieg leidet auch das Braunauer Land unter den Begleiterscheinungen dieser Auseinandersetzung. Das beabsichtigte Schließen der protestantischen Wenzelskirche in Braunau war eine Mitursache für diesen Krieg. Sie erfolgte aber erst nach der Schlacht am Weißen Berg im Jahr 1621.
Der Bauernaufstand 1680 aufgrund der harten Frondienste führte bis zu Hinrichtungen.
Anfangs des 18. Jahrhunderts wird Braunau kultureller Mittelpunkt Ostböhmens. Vor allem ist dies auf die Aktivitäten des Benediktinerklosters in Braunau unter Abt Othmar Zinke zurückzuführen.
1756 - 1763 Kriegsleiden im 7-jährigen Krieg
Im Jahr 1766 ist Kaiser Josef II. im Braunauer Gebiet
Die Leibeigenschaft wird 1782 aufgehoben. Die Robotverpflichtungen werden erleichtert.
Die nationalen Gegensätze zwischen Deutschen und Tschechen (1780 - 1900) verstärken sich.
1790 ist Goethe in Braunau und den Wekelsdorfer und Adersbach Felsen.
Der Bau der Eisenbahnlinie Chotzen - Halbstadt - Braunau erfolgt 1873 - 1875.
Die Eisenbahnstrecke Wekelsdorf - Trautenau wird 1907/1908 gebaut.
Im 1. Weltkrieg (1914 -1918) ist zwischen 1918 "Kriems" und Märzdorf Kriegsgefangenenlager, in dem Russen, Serben und Italiener interniert sind.
Die Tschechen besetzten das Braunauer Land. Es wird Grenzland in dem neuen Tschechoslowakischen Staat in die Deutschen gegen ihren Willen hinein gezwungen werden. Es beginnt die nationale und wirtschaftliche Benachteiligung der Deutschen.
Im Jahr 1938 kommen die deutschen Truppen aufgrund des Münchener Abkommens ins Braunauer Land. Die deutschsprachigen Gebiete Böhmens werden als Sudetengau in das Großdeutsche Reich eingegliedert. Die Bevölkerung hatte sich Befreiung erhofft.
Nach der Kapitulation Deutschlands werden 1945 die Deutschen aus dem Sudetenland gewaltsam vertrieben. Auch das Braunauer Land wird dadurch entvölkert. Bei der Vertreibung gab es im Braunauer Land 508 Todesfälle, die belegt worden sind.
Seit 1955 ist Forchheim in Oberfranken die Patenstadt der Stadt und des Kreises Braunau. Die Heimatvertriebenen halten Geschichte, Kultur und Brauchtum wach. Sie bemühen sich, wieder Kontakte ins Braunauer Land zu erneuern. Die Städtepartnerschaft zwischen den Städten Forchheim und dem heutigen Braunau/Broumov ist im öffentlichen Bereich ein Beitrag dazu.